Volk und Welt, 1979. — (Spektrum Nr. 128).
Paolo heißt er, wohnt in Turin und ist elf Jahre alt. Sein Bruder Emilio nennt ihn manchmal Paolino, und das fuchst ihn, aber Emilio begreift's nicht, dieser linke Christ mit all seiner Nächstenliebe. Denn klein ist er sowieso, Paolo, kleiner sogar als Mama, und sein Stengel vor allem, der ist der allerkleinste. Mask, der zweite Bruder, sagt zwar, daß er schon noch wachsen wird, aber kann man Mask so richtig trauen? Mama weiß es nicht so genau, weil sie eine Frau ist (eigentlich gar keine Frau, sondern Feministin, was ein Zwischengeschlecht ist, wie Mask sagt), und Papa ist nie da, kommt nur ab und zu aus Rom zu Besuch. Den Genossen Gigi, der Mama heiraten will, mag er nicht fragen, und Paola erst, Emilios Freundin, du liebe Güte, die versteht ja selber nichts. Die muß sogar noch erklärt kriegen, was der Uterus ist. Sie ist eben ein bißchen langsam, ein bißchen zurück, die Prinzessin vom alten Mond. Trotzdem, jetzt, wo alle ganz aufgeregt sind wegen des Referendums über die Scheidung, ist sie sogar mit Mamas Feministinnen und ihm losgezogen, um Losungen an die Häuserwände zu malen. Auch wenn man ihr erst sagen mußte, ob »Nein« oder »Ja« richtig ist...
Eingegrenzt auf die kleine Welt des Jungen Paolo, gibt die humorvoll erzählte Geschichte überraschende Einblicke in ein Stück Italien von heute, mit seinen sozialen Konflikten und seiner gärenden Unruhe. Die in Riga geborene italienische Erzählerin Marina Jarre hat mehrere Kinderbücher, Erzählungen und Romane veröffentlicht.